NEUES AUTO, NEUE AUTOVERSICHERUNG?

In Kurzform lässt sich das Thema Auto und Versicherung so umschreiben: Von den Schwaben lernen, heißt Sparen lernen. Aus Prinzip verstehen die Erfinder des Kupferdrahtes, als zwei Schwaben sich damals um eine Pfennigmünze stritten, bei drei Dingen überhaupt keinen Spaß: Bei der Kehrwoche, dem Bausparvertrag und beim Auto. „Sei‘ Heilig's Blechle", in früheren Zeiten serienmäßig mit einem Stern versehen, steht beim Schwaben ganz oben - im Haushaltsbuch. Ansonsten unterscheidet die Menschen im Südwesten nichts vom Rest der deutschen Autobesitzer. Sein eheähnliches Verhältnis zum Auto währt etwa halb so lang wie der Ehestand: Etwa alle sechs Jahre wechseln die Deutschen das Fahrzeug und das bedeutet pro Jahr über sechs Millionen "Besitzumschreibungen", wie es in der Sprache des Kraftfahrtbundesamtes heißt.

In ein Auto investieren Normalbürger etwa 10.000 bis 20.000 Euro. Für die Entscheidungsfindung nehmen sie sich etwa drei Monate Zeit. Eine neue Küche kauft man in Deutschland in der Regel innerhalb von drei Wochen. Finanzielle Entscheidungen fallen dagegen oft schon nach drei Tagen – wenn der Finanzberater wiederkommt und zur Unterschrift bittet. Bei Finanzen kommt der Anstoß zum Kauf eher vom Verkäufer. Beim Auto ist es umgekehrt: Werdende Autokäufer klicken aus eigenem Antrieb gern und oft auf die Webseiten von Audi, BMW und Co. Das kann ein bisschen kompliziert sein, wird doch der Interessent immer öfter gezwungen, neumodische Leistungsangaben von Kilowatt in altbekannte PS umzurechnen. Als kleine Hilfe: 100 Kilowatt entsprechen 136 PS; der Rest ist ein Dreisatz. Dagegen bleibt die Kasko-Versicherung dem Deutschen ein Buch mit sieben Siegeln. Bei der Haftpflichtversicherung ist es noch jedem klar: Sie ist gesetzlich vorgeschrieben und bezahlt Schäden Dritter, leistet also an die Verkehrsopfer. Bei der Kasko- oder Fahrzeugversicherung gibt es die Teilkasko für Glas-, Wild, Feuer- und Sturmschäden. Die Vollkasko-Versicherung ersetzt selbst verschuldete Schäden; zum Beispiel wenn die Garage plötzlich zu weit links steht und den Kotflügel ruiniert. Damit sind die Versicherungsleistungen erklärt, nicht aber die Preisfindung. Diese sollte parallel zu den Kaufüberlegungen des Fahrzeugs erfolgen. Zudem offerieren viele Assekuranzen heute diverse Zusatzbausteine zu ihren Autoversicherungsverträgen, z.B. der Familienschutz "Kind & Kegel" der Direct Line Autoversicherung. Derlei zusätzliche Wahloptionen machen den Vergleich der Angebote und die Entscheidung für einen konkreten KFZ-Tarif nicht einfacher.

Viele Autohersteller machen sich das Interesse des Kunden an ihren Träumen aus Blech zunutze und bieten auf der Produktseite im Internet zugleich eine Autoversicherung mit an. Auch der reale Autohändler präsentiert mit dem schriftlichen Angebot gerne eine Versicherungsofferte - das ist für den Kunden bequem. Laut jüngerer Finanzforschung, neudeutsch kleingeschrieben „behavioural finance“ genannt, erhalten Internet-Vergleichsportale zur Autoversicherung meist erst eine Woche vor der Auslieferung des Autos ihren Klick – wenn überhaupt. Dabei ist der Wechsel des Autos eigentlich ganz bequem: Man unterschreibt den Kaufvertrag und gibt dem Autohaus eine elektronische Versicherungsbestätigung (eVB); das ist die papierlose Version der ausgestorbenen Doppelkarte. Dazu genügt ein Anruf beim eigenen Autoversicherer. Tatsächlich braucht man „seinen“ Versicherer nicht mehr unbedingt, denn mit der Trennung vom Altfahrzeug erlischt automatisch der Versicherungsvertrag, genauer: mit dem Tag der Abmeldung des Altmetalls. Der Kunde kann ohne Kündigungsfrist wechseln. Dazu muss er sich informieren. Versicherungsvergleichsportale wie check24.de oder transparo.de machen es ihm recht leicht. Obwohl es sich bei der Autoversicherung um eine finanzielle Angelegenheit handelt, sind keine drei Tage einzuplanen. Manchmal genügen schon drei, höchstens 30 Minuten und eine Tasse Kaffee.

Gerade beim Autokauf schonen schwäbische Gründlichkeit und Sparsamkeit den Geldbeutel, wenn man ein Stück weit strategisch vorgeht und frühzeitig Überlegungen zu Auto und Versicherung anstellt. Die meistverkaufte Automarke in Deutschland ist Volkswagen – mit Abstand; die meistgeklaute Marke ist BMW – ebenfalls mit Abstand. Diese ganz besondere Beliebtheit der weißblauen Premium-Marke wirkt sich erheblich auf die Versicherungskosten aus. Wer eher mit einem großen Kombi liebäugelt und unbedingt auf nicht auf eine ganz bestimmte Automarke festgelegt ist, für den ergeben sich durchaus Sparpotenziale bei der Teilkasko-Versicherung. Apropos Einbruchdiebstahl: Bei Kombis wird nur äußerst selten das Dach aufgeschnitten. Auto-Einbrecher führen in der Regel keine Schneidbrenner mit sich – dafür gerne handlichere Kartonmesser. Das sagt: Cabrios sind einbruchgefährdeter als Blechdachautos.

Auch wechselwillige Autobesitzer, die ihren Typ mit einem prächtigen Stadtgeländewagen (SUV) verändern wollen, sollen wissen, dass eine gesteigerte Selbstdarstellung gerne mit höheren Versicherungskosten einher geht. Statt Geländewagen tut es auch ein kaum weniger prächtiger Kombi. Grundsätzlich kosten modische Autos auch mehr Versicherung. Außerdem, wen hätte es gewundert, kosten neue Autos mehr als alte. Stolze Neubesitzer verchromter Suchtmittel werden oft gefragt: „Wie läuft er denn?“. Erfahrungsgemäß heißt es dann „Bestens“. Die ehrliche Antwort müsste aber lauten: „Nun, … er läuft auf Raten“. Viele Neuwagen werden finanziert und lösen einen alten Wagen ab. Barzahler sind selbst in Stuttgart und Umland selten geworden: Und deshalb verpflichten die Kreditbanken den Kunden zum Abschluss einer Vollkasko-Versicherung, damit sie ihr Kreditrisiko begrenzen. Das macht die Versicherung des Autos nochmals teurer. Ein Blick in die alte Versicherungspolice hilft oft schon deshalb nicht, weil der alte Wagen keine Vollkasko hatte, weil er schlicht keine brauchte.

Nicht nur bei Männern, aber bevorzugt bei ihnen, löst jede Art von Beförderung Stress aus. Geschäftsreisen, zumal in öffentlichen Verkehrsmitteln, können sehr nervig sein. Umgekehrt ist es bei der Beförderung zum Abteilungsleiter. Der in diesem Fall positive Stress stimuliert die eigene Erwartungshaltung immens. Solch von Endorphinen, Glückshormonen, gesteuerter Stress entsteht auch beim feierlichen Gang ins Autohaus – der sehr persönlichen Perfektionierung des Individualverkehrs. Drei Tage vor Auslieferung des neuen Autos erreichen bevorzugt Männer, Frauen waren zuvor tendenziell gründlicher, nervöse Anrufe des Autoverkäufers: Es geht dann um die fehlende Versicherungsbestätigung für die Zulassung des Wagens. Dies scheidet die Männer oft in zwei Kategorien. Die erste Gruppe „Hätt‘ ich doch“ ruft kurzerhand ihren Versicherungsvertreter an und nimmt dankbar eine eVB-Versicherungsbestätigung entgegen. Oder der Autoverkäufer ist behilflich. Die Gruppe „Jetzt will ich’s aber wissen“ holt alles Versäumte noch zügig nach und findet mittels Google-Suche Versicherungsportale wie eben Check24, Transparo oder Toptarif. Und vergleicht. Damit lässt sich die teure Entscheidung zugunsten eines nach Kasko-Klasse teuren Mobils wie Cabrio oder Geländewagen nicht mehr korrigieren – immerhin lässt sich die Versicherungsprämie optimieren. Immerhin bis zu satten 50 Prozent Prämienunterscheide bei ein und demselben Fahrzeug sind keine Seltenheit.

Getrennt oder auseinander geschrieben trifft es zuvörderst die wiederholt bemühten Schwaben. Deren Erfindung des Bausparvertrags, der bundesweit zum Prämiensparen verführte, und die Marktpotenziale bei Autoversicherungen motivierte die Versicherungsindustrie jüngst zu mehreren neuen oder perfektionierten Vergleichsportalen wie transparo.de, check24.de, toptarif.de oder financescout24.de. Und demnächst auch Internet-Marktführer Google, dessen zunächst angekündigtes KFZ-Versicherungsportal ein Vor-Beben auf dem Autoversicherungs-Markt ausgelöst hat. Google schickt sich an, den Markt komplett umzukrempeln. Nutznießer ist der Kunde. Mit dem KFZ-Schein zur Hand, heute heißt er förmlich kompliziert „Zulassungsbescheinigung II“, und der alten KFZ-Police (Schadenfreiheits-Jahre) lassen sich mittels Vergleichsportalen im Schnitt 120 Euro Versicherungsprämie im Jahr sparen. Das betrifft alle Autobesitzer, die zum 30. November ihre Autoversicherung wechseln können – bis zu 10 Millionen beabsichtigen das. Und die "Besitzumschreibungen", etwa 6 Millionen Halter, die jedes Jahr das Fahrzeug wechseln. Eine Rechnung: Insgesamt wollen oder werden 16 Millionen Autobesitzer ihre Autoversicherung wechseln und können dabei im Schnitt 120 Euro im Jahr sparen. Dadurch entgehen der Versicherungsindustrie fast zwei Milliarden Euro Prämieneinnahmen.

Vorsicht! Die KFZ-Versicherer bieten individuell so genannte Rabatt-Retter an. Im Gegensatz zur Schadenfreiheitsrabatt-Stufe kocht hier aber jede Versicherung ihr eigenes Süppchen. Das Rezept steht nur im Kleingedruckten, weil jede Versicherung unterschiedliche Regeln formuliert hat, bei welchem Schaden und nach wie viel schadenfreien Jahren man vor einer teuren Rückstufung verschont bleibt (09.01.2013).