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ENGLISCHE LEBENSVERSICHERUNG: MEHR CHANCE & RISIKO |
Höherer Aktienanteil bei Kapitalanlage erlaubt
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Ist die englische Lebensversicherung eine gute Alternative zum Abschluss einer deutschen Lebensversicherung?
Der sinkende Garantiezins der letzten Jahre bugsierte die Lebensversicherungsbranche geradewegs in eine handfeste Krise. Besonders die deutschen Lebensversicherer waren davon betroffen - ihr Plus waren bisher die relativ hohen garantierten Ablaufleistungen. Durch die Senkung des Garantiezinses (von 4 % über 3,25 %, 2,75 %, 2,25 % auf 1,75 %) und die eingeschränkten Möglichkeiten profitabler Renditen lagen die garantierten Leistungen teilweise unter der Inflation. Es ist nicht verwunderlich, dass viele Versicherungsnehmer sich deshalb nach Alternativen umsehen. |
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Youtube: ARD / Plusminus - Lebensversicherungen Rendite und Garantiezins im Sinkflug (www.youtube.com/watch?v=YvSXxdBeW2U) |
Was wird versichert?
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Die englische Lebensversicherung, die auch als britische Lebensversicherung bezeichnet wird, ist eine Kapitallebensversicherung, häufig in fondsgebundenen Varianten. Es gibt aber auch rein fondsgebundene Lebensversicherungen. Der Versicherungsnehmer bestimmt die Höhe der Versicherungssumme. Diese wird nach Ablauf der Versicherungsdauer bzw. bei Ableben der versicherten Person fällig. Es gibt sowohl Varianten mit Einmalzahlung als auch monatlichen Beiträgen. Bei den meisten Policen gibt es keine Altersbeschränkungen. Es sind auch Abschlüsse ohne Gesundheitsfragen möglich. |
Unterschied zu einer deutschen Lebensversicherung?
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Der grundsätzliche Unterschied zur deutschen Lebensversicherung liegt in der Anlagepolitik begründet. Deutsche Lebensversicherer bieten relativ hohe garantierte Versicherungsablaufleistungen. Auch die Rückkaufswerte müssen dem Versicherungsnehmer garantiert werden. Eine englische Lebensversicherung hingegen garantiert nur eine geringe Ablaufleistung. Rückkaufwerte werden gar nicht zugesichert. Damit erreicht die englische Lebensversicherung eine ungleich größere Flexibilität in ihrer Anlagepolitik. Dass bedeutet, dass die englische Lebensversicherung ungleich spekulativer anlegen kann, als zum Beispiel die deutsche Lebensversicherung. Diese legt besonders in Anleihen, Geldmarktpapieren und Termineinlagen an. Der englische oder britische Versicherer kann dagegen einen viel größeren Anteil in Aktienpaketen deponieren.
Kritisch muss dabei berücksichtigt werden, dass der Versicherungsnehmer beim englischen Versicherer kaum Einblick gewinnen kann, wie das Anlagemanagement agiert. Die Harmonisierung des europäischen Versicherungsrechts in den letzten Jahren führt(e) jedoch dazu, dass sich die Unterschiede in einem engeren Rahmen abzeichnen. |
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Die Unterschiede in Fakten
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Während deutsche Lebensversicherer maximal 30 % des Kapitals in Aktien anlegen dürfen, beträgt der Aktienanteil bei englischen Lebensversicherern bis zu 75 %, manchmal sogar 80 %. Deutsche Lebensversicherungsgesellschaften müssen einen Garantiezins von derzeit 1,75 % ausweisen. Auf dieser Grundlage haben sie die Rückkaufwerte zu gewährleisten. Das englische Pendant hingegen garantiert keine Rückkaufwerte und verspricht eine geringere garantierte Verzinsung. |
Was bedeutet Smoothing?
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Mit Smoothing bezeichnet man das (ziemlich sinnvolle) Verfahren bei der Überschussbeteiligung englischer Lebensversicherer (de.wikipedia.org/wiki/Smoothing). Smoothing bedeutet hier Glättung. Dieses Verfahren sorgt für den Ausgleich der Spitzen, die bei der Kapitalanlagepolitik englischer Lebensversicherer viel häufiger vorkommen können als bei den eingeschränkten Anlagemöglichkeiten deutscher Lebensversicherungsgesellschaften.
Gute Anlageergebnisse werden dabei nur teilweise an den Versicherungsnehmer weiter gegeben. Ein Teil der erzielten Überschüsse verbleibt bei der Versicherungsgesellschaft, um schlechtere Ergebnisse auszugleichen. So ist es möglich, ein stabiles Ergebnis zu erzielen - vorausgesetzt, es werden ausreichend positive Anlageergebnisse erzielt. Diesen Spielraum beim Umgang mit der Überschussbeteiligung haben deutsche Lebensversicherungs-Gesellschaften nur bedingt. Das Smoothing-Verfahren reduziert insoweit die Abhängigkeit von Kursschwankungen.
Die Verwaltungskosten werden, wie auch in Deutschland üblich, über die ersten fünf Jahre der Laufzeit verteilt. |
Garantiezins
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Dass die Briten keine Zinsen garantieren, ist nicht ganz richtig. Fakt ist, dass sie es nicht über die gesamte Laufzeit tun und niemand beim Abschluss der Versicherung sagen kann, wie hoch der Zins sein wird. Im Gegenteil, es kann sogar der Fall eintreten, dass die Verzinsung des Kapitals nach Berücksichtigung der Kosten negativ wird. Während bei einer deutschen Lebensversicherung nach Abzug der Kosten etwa 1,8 % garantierte Verzinsung zu erwarten ist, bietet Standart Life nur noch circa 0,3 % und Clerical Medical gar -0,4 % garantierte Kapitalverzinsung.
Zu Beginn eines jeden Jahres wird ein variabler Zins zugesagt. Diese Verzinsung gilt in dem Jahr für die bereits eingezahlten und in den nächsten zwölf Monaten zu zahlenden Spareinlagen. Darüber hinaus kann der Versicherungsnehmer von "geglätteten" Überschüssen der Kapitalanlage profitieren, wobei auch dieser Überschuss weder garantiert wird, noch in seiner Höhe feststeht. |
Statistik zum Thema Rendite / Garantiezins
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Renditeergebnisse
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Eine Lebensversicherung hat im Allgemeinen eine relativ lange Laufzeit von zwanzig oder mehr Jahren. Je nachdem, wie weit man den zu betrachtenden Rendite-Zeitraum ausweitet, umso mehr werden sich die Renditeergebnisse von deutschen und englischen Lebensversicherungen annähern. Beschränkt man den Vergleich auf die letzten Jahre, erzielten die englischen Lebensversicherer nach manchen Angaben angeblich Renditen von circa 12 % - das wäre etwa das Doppelte im Vergleich zu deutschen Lebensversicherern. In der absehbaren Zukunft scheinen diese Renditeergebnisse kaum noch erzielbar. Realistischer sind Zahlen zwischen maximal vier und acht Prozent. |
Vorzeitige Kündigung
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Beim Rückkauf britischer Lebensversicherungen muss beachtet werden, dass der Schlussbonus, also die Überschussbeteiligung, nur gezahlt wird, wenn der Versicherungsnehmer die Laufzeit bis zum Ende durchhält. |
Vorteil Steuer?
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Steuerlich stehen beide Modelle - deutsche oder englische Lebensversicherung - auf dem gleichen Level. Die Steuervorteile einer Kapitallebensversicherung haben sich weitgehend aufgelöst. In beiden Varianten müssen die in der Kapitalauszahlung enthaltenen Erträge mindestens zur Hälfte versteuert werden. |
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Ab auf die Insel?! - Anbieter von englischen LVs
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Seit 1994 können Unternehmen aus den EU-Ländern ihre Verträge in den Staaten der Gemeinschaft vertreiben. Englische Lebensversicherungen werden vornehmlich von Gesellschaften angeboten, die ihren Hauptsitz im Vereinigten Königreich oder in den Ländern des Commonwealth haben. Beispielhaft seien hier Standard Life, Clerical Medical, Canada Life, Royal London, Legal & General und Friends Provident genannt. |
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Youtube: Standard Life Maxxellence Invest Erklärvideo (www.youtube.com/watch?v=p7cWEo6ouVY) |
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Die traditionsbewussten Briten sind besonders stolz darauf, dass ihr Versicherungswesen bereits seit 1699 besteht und leiten nicht zuletzt daraus eine langjährige Erfahrung im Bereich Kapitalanlage ab. Ob dieser Umstand in der schnelllebigen Aktienwelt Bedeutung hat, muss jeder Anleger für sich entscheiden.
Auch in Deutschland lassen sich britische / englische Lebensversicherungen abschließen. Einige Unternehmen wie Standard Life oder Royal London haben hier Niederlassungen, andere vertreiben ihre Produkte über Versicherungsmakler. |
Mehr im Web zum Thema:
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Sicherheit und Aufsicht
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Für alle in Deutschland abgeschlossenen Lebensversicherungen gilt deutsches Recht. Lebensversicherungen von deutschen Versicherungsgesellschaften müssen von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) genehmigt werden. Wird eine englische Lebensversicherung in Deutschland vertrieben, unterliegt sie ebenfalls der BaFin.
Sofern die Gesellschaft ihren Sitz nicht in Deutschland hat, gilt für sie die Aufsicht ihres jeweiligen Landes. Für britische Lebensversicherungen ist dies die britische Versicherungsaufsicht Financial Services Authority (FSA). - bzw inzwischen neu organisiert in zwei Teile: The Financial Conduct Authority (FCA) (www.fca.org.uk) und The Prudential Regulation Authority (PRA) (www.bankofengland.co.uk).
Ähnlich wie in Deutschland existiert auch im Vereinigten Königreich ein Fonds zur Absicherung der Anleger im Falle der Insolvenz des Versicherers. Die Teilnahme britischer Versicherungsgesellschaften am "Financial Services Compensation Scheme" (www.fscs.org.uk/translated/german/) ist verpflichtend. Insofern steht die englische Lebensversicherung in punkto Sicherheit der deutschen wohl kaum nach.
Einen wichtigen Unterschied gibt es aber doch: Während sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen vorwiegend um die im Gesetz über die Beaufsichtigung von Versicherungsunternehmen festgelegten Vorschriften über Anlagen kümmert, prüft die Financial Services Authority, das britische Gegenstück zur BaFin, die finanzielle Stabilität britischer Gesellschaften.
Britische Versicherungsgesellschaften werden regelmäßig von Rating-Agenturen geprüft und beurteilt. Die Agenturen bewerten dabei die Finanzstärke der Gesellschaften. Wie seriös und fundiert die Rating-Agenturen sind, mag jedoch jeder nach den einschlägigen Skandalen der Finanzkrise selbst kritisch werten. |
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Vergleichsmöglichkeiten
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Bei einem Angebot einer englischen Lebensversicherung sollte man mindetens so kritisch prüfen und vergleichen wie bei gleichgelagerten deutschen Versicherungen. Seriöse Vergleichsmöglichkeiten im deutschsprachigen Raum zum Thema englische Lebensversicherungen sind schwer zu finden und stark eingeschränkt. Einige Firmen, wie Standard Life und halten deutsche Niederlassungen vor, auf deren Internet-Auftritten sich der Kunde informieren kann. |
Wem kann man engl. Lebensversicherungen empfehlen?
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Das Prinzip Hoffnung spielt bei dieser Versicherungsform eine große Rolle. Sicher ist: Garantiert sind keine Leistungen, die über die Einzahlungen hinaus gehen. Wer gerne ein wenig spekuliert und wem es grundsätzlich nicht weh tut, wenn sein Kapital nicht verzinst wird, für den kann die englische Lebensversicherung eine interessante Alternative sein. Versicherungsnehmer, denen es auf Sicherheit ankommt, sollten von dem Abschluss dieser Produkte vielleicht eher absehen. (13.01.2014) |
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